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Ausgabe: 29-2022 | 18.07. - 24.07.
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Wissenschaftliche Sitzungen/Seminare bei GSI
Nachrichten
Nachruf: Wir trauern um Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Sigurd Hofmann (1944 – 2022)
Quelle: G. Otto, GSI Helmholtzzentrum
Am 17. Juni 2022 verstarb unser Kollege und Freund
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Sigurd Hofmann
im Alter von 78 Jahren. Bemerkenswert in seinem wissenschaftlichen Leben ist die Entdeckung der Protonen-Radioaktivität, die im Jahr 1981 am Geschwindigkeitsfilter SHIP gelang, ebenso wie die Synthese von sechs neuen chemischen, sogenannten „superschweren“ Elementen in den Jahren 1981 bis 1996. Wir trauern um einen außergewöhnlichen Wissenschaftler, Kollegen, Lehrer und guten Freund.
Sigurd Hofmann wurde am 15. Februar 1944 in Steinschönau (Böhmisch-Kamnitz, Böhmen) geboren und kam kurz nach Kriegsende nach Groß-Umstadt. Er ging in dort zur Schule und besuchte bis 1963 das dortige Max-Planck-Gymnasium. Anschließend begann er das Physik-Studium an der TH Darmstadt, wo er 1969 das Diplom erlangte und 1974 bei E. Kankeleit promoviert wurde. Seine danach bei der GSI in Darmstadt beginnende wissenschaftliche Arbeit füllte ihn fast 50 Jahre lang aus. Zuletzt arbeitete er an einem Buch zum aktuellen Stand der weltweiten Schwere-Elemente-Forschung und an der Veröffentlichung einer Methode zur Energiekalibrierung von Halbleiter-Detektoren, die er bereits in den 90’er Jahren entwickelt hatte – Genauigkeit und wissenschaftliche Exaktheit waren ihm stets wichtig. Doch zunächst widmete er sich, nachdem er 1974 zur GSI gekommen war, in der Gruppe von Peter Armbruster und zusammen mit Gottfried Münzenberg der Untersuchung von Fusionsreaktionen und radioaktiven Zerfällen. Internationale Bekanntheit erreichte Sigurd Hofmann durch die 1981 entdeckte Protonen-Radioaktivität aus dem Grundzustand von 151Lu, ein bis dahin unbekannter Zerfallsmechanismus. Bei der Datenanalyse kam ihm seine ausgeprägte Gründlichkeit und wissenschaftliche Neugier zugute.
Gleichzeitig hatte Sigurd Hofmann mit Arbeiten zur Synthese, zum eindeutigen Nachweis und zur Erforschung der Eigenschaften der schwersten chemischen Elemente begonnen, die sein weiteres wissenschaftliches Leben prägen sollten. Erste Höhepunkte waren die Synthese der neuen Elemente Bohrium (Bh, Z=107), Hassium (Hs, Z=108) und Meitnerium (Mt, Z=109) in den Jahren 1981 bis 1984, mit denen die GSI erstmalig – und gleichzeitig sehr prominent – das internationale Territorium dieses Forschungsgebiet betrat. Entscheidend hierbei waren die Halbleiter-Detektoren, die Sigurd Hofmann eigens dafür entwickelt hatte. Seiner Zeit damit weit voraus, werden solche Detektoren heute weltweit zur Suche nach neuen chemischen Elementen eingesetzt. Ende der 90’er Jahre übernahm Sigurd Hofmann die Leitung der SHIP-Gruppe und – nach instrumentellen Verbesserungen am UNILAC, SHIP und Detektoren sowie Nachweiselektronik – krönte seine wissenschaftlichen Erfolge mit der Entdeckung der chemischen Elemente Darmstadtium (Ds, Z=110), Roentgenium (Rg, Z=111) und Copernicium (Cn, 112) in den Jahren 1994 bis 1996. Das Konzept „SHIP-2000“, ein unter seiner Federführung entstandenes Strategiepapier aus dem Jahr 1999 zur langfristigen Schwere-Elemente-Forschung bei GSI, ist heute noch aktuell. Im Jahr 2009 wurde er zum Helmholtz-Professor ernannt und konnte sich fortan wieder ganz der wissenschaftlichen Arbeit widmen. Über viele Jahre pflegte er eine sehr intensive Zusammenarbeit und wissenschaftlichen Austausch mit den internationalen Kollegen in Dubna, wo er in einem gemeinsamen Experiment Mitentdecker von Element Flerovium (Fl, Z=114) war.
Für seine herausragenden Forschungsarbeiten und Erkenntnisse erhielt er eine große Anzahl von renommierten Auszeichnungen und Preisen, von denen hier nur die wichtigsten genannt werden können. So war er seit 1996 Ehrendoktor der Fakultät für Mathematik und Physik der Comenius-Universität in Bratislava (Slowakei), seit 1998 Honorarprofessor der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, seit 2001 Dr. h. c. des Joint Institute for Nuclear Research (JINR) in Dubna und seit 2004 Professor Laureatus der Josef-Buchmann-Stiftung der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Er erhielt 1984 den Physikpreis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (zusammen mit Gottfried Münzenberg, Willibrord Reisdorf und Karl-Heinz Schmidt), 1996 den Otto-Hahn-Preis der Stadt Frankfurt am Main (zusammen mit Gottfried Münzenberg), 1997 den G.N. Flerov Preis des Joint Institute for Nuclear Research (JINR) in Dubna (Russland) und 1998 die SUN-AMCO Medaille der International Union of Pure and Applied Physics; im Jahr 2011 erhielt er die Nikolaus-Kopernikus-Medaille der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau (Polen) und 2011 die Medaille der Stadt Toruń und Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń (Polen).
Sigurd Hofmann war ein fleißiger Schreiber und Redner. Er war eingeladen als Sprecher bei unzähligen internationalen Konferenzen, verfasste eine große Anzahl von Übersichtsartikeln, Büchern und Buchkapiteln, von vielen vielzitierten Veröffentlichungen u.v.a.m. Ebenso hielt er gerne populärwissenschaftliche Vorträge bei öffentlichen Anlässen, u.a. als „Bekennender Heiner“ in der Darmstädter Ziegelhütte. Dabei konnte er ein mitreißendes Bild der modernen Physik, aber auch der großen Fragestellungen der Kosmologie und der Elementsynthese in Sternen entwickeln, ebenso konnte er sehr anschaulich vermitteln wie man Atome „sichtbar“ machen kann. Viele Kapitel seines zeitgenössischen wissenschaftlichen Lebens sind in seinem 2002 erschienenen Buch „On Beyond Uranium“ festgehalten.
Bemerkenswert waren seine Bescheidenheit und sein freundliches Wesen. Man konnte sich stets auf ihn verlassen. Seine Sorgfalt, Genauigkeit und Umsicht bei allen Arbeiten war herausragend. Seine Beharrlichkeit war eine der Grundlagen für die bahnbrechenden wissenschaftlichen Erfolge, die er für GSI erzielte. Stets war er im Büro oder am Experiment anzutreffen, auch spät am Abend und an Wochenenden, so dass man ihn jederzeit fragen und immer ausführliche Antworten und kompetenten Rat erhalten konnte. Es gab in der Kernphysik und bei GSI quasi nichts, was er nicht wusste.
Wir freuen uns, dass wir über so lange Jahre mit einem exzellenten Wissenschaftler und Kollegen sowie einem hervorragenden Lehrer und großartigen Menschen zusammenarbeiten durften. Nun trauern wir um Sigurd Hofmann. Seiner Familie gilt unser tiefes Mitgefühl. Wir werden ihn in bester Erinnerung behalten.
Gottfried Münzenberg und Christoph Scheidenberger für die Kollegen und Freunde von Sigurd Hofmann
Obituary: We mourn Prof. Dr. Dr h.c. mult. Sigurd Hofmann (1944 – 2022)
On June 17, 2022 our colleague and friend
Prof. Dr. Dr h.c. mult. Sigurd Hofmann
passed away at the age of 78. Remarkable in his scientific life is the discovery of proton radioactivity, which was achieved in 1981 at the SHIP velocity filter, as well as the synthesis of six new chemical, so-called "superheavy" elements in the years 1981 to 1996. We mourn for an extraordinary scientist, colleague, teacher and good friend.
Sigurd Hofmann was born on February 15, 1944 in Steinschönau (Böhmisch-Kamnitz, Bohemia) and came to Groß-Umstadt (near Darmstadt) shortly after the end of the second world war. He went to school there and attended the Max Planck High School until 1963. He then began studying physics at the TH Darmstadt, where he received his diploma in 1969 and his doctorate in 1974 with E. Kankeleit. His scientific work, which he then began at GSI in Darmstadt, occupied him for almost 50 years. Most recently, he worked on a book on the current state of worldwide heavy element research and on the publication of a method for energy calibration of semiconductor detectors, which he had already developed in the 1990s - accuracy and scientific exactness were always important to him. After joining GSI in 1974, he devoted himself to investigating fusion reactions and radioactive decays in the group of Peter Armbruster and worked together with Gottfried Münzenberg. Sigurd Hofmann achieved international fame through the discovery of proton radioactivity from the ground state of 151Lu in 1981, a previously unknown decay mechanism. When analyzing the data, he benefited from his pronounced thoroughness and scientific curiosity. At the same time, Sigurd Hofmann had begun work on the synthesis, unambiguous identification and study of the properties of the heaviest chemical elements, which were to shape his further scientific life. The first highlights were the synthesis of the new elements bohrium (Bh, Z=107), hassium (Hs, Z=108) and meitnerium (Mt, Z=109) in the years 1981 to 1984, with which GSI for the first time - and at the same time very prominently - entered the international stage of this renowned research field. The semiconductor detectors, that Sigurd Hofmann had developed specifically for these experiments, were crucial here.
Far ahead of its time, such detectors are now used worldwide to search for new chemical elements. At the end of the 1990s, Sigurd Hofmann took over the management of the SHIP group and - after instrumental improvements to UNILAC, SHIP and detectors as well as detection electronics - crowned his scientific success with the discovery of the chemical elements darmstadtium (Ds, Z=110), roentgenium ( Rg, Z=111) and copernicium (Cn, 112) in the years 1994 to 1996. The concept "SHIP-2000", a strategy paper developed under his leadership in 1999 for long-term heavy element research at GSI, is today still current. In 2009 he was appointed Helmholtz Professor and from then onwards he was able to devote himself entirely to scientific work again. For many years he maintained a very intensive collaboration and scientific exchange with his international colleagues in Dubna, where he co-discovered element flerovium (Fl, Z=114) in a joint experiment.
For his outstanding research work and findings, he received a large number of renowned awards and prizes, of which only the most important ones can be mentioned here. Since 1996 he has been an honorary doctor of the Faculty of Mathematics and Physics at Comenius University in Bratislava (Slovakia), since 1998 honorary professor at Goethe University in Frankfurt am Main, since 2001 Dr. h.c. of the Joint Institute for Nuclear Research (JINR) in Dubna (Russia) and since 2004 Professor Laureate of the Josef Buchmann Foundation of the Goethe University in Frankfurt am Main. In 1984 he received the Physics Prize of the German Physical Society (together with Gottfried Münzenberg, Willibrord Reisdorf and Karl-Heinz Schmidt), in 1996 the Otto Hahn Prize of the City of Frankfurt am Main (together with Gottfried Münzenberg), in 1997 the G.N. Flerov Prize of the Joint Institute for Nuclear Research (JINR) in Dubna and in 1998 the SUN-AMCO Medal of the International Union of Pure and Applied Physics; in 2011 he received the Nicolaus Copernicus Medal of the Polish Academy of Sciences in Warsaw (Poland) and in 2011 the Medal of the City of Toruń and Nicolaus Copernicus University of Toruń (Poland).
Sigurd Hofmann was a diligent writer and speaker. He has been invited to speak at countless international conferences, authored a large number of review articles, books and book chapters, many widely cited publications etc. He also liked to present scientific results at public events, including as "Confessing Heiner" in the “Darmstadt Ziegelhütte” event location. In doing so, he was able to develop a thrilling picture of modern physics, but also of the big questions of cosmology and element synthesis in stars; he was also able to convey very clearly to the public how atoms can be made "visible".
Many chapters of his contemporary scientific life are recorded in his 2002 book “On Beyond Uranium”. His modesty and friendly nature were remarkable. You could always rely on him. His care, accuracy and deliberateness in all work was outstanding. His persistence was one of the foundations for the groundbreaking scientific achievements he achieved for GSI. He was always in the office or at the experiment, even late in the evening and on weekends, so that you could ask him at any time and always got detailed answers and competent advice. There was practically nothing in nuclear physics or GSI that he didn't know.
We are pleased that we have been able to work with an excellent scientist and colleague as well as an outstanding teacher and great person for so many years. Now we mourn Sigurd Hofmann. Our deepest sympathy goes out to his family. We will remember him fondly.
Gottfried Münzenberg and Christoph Scheidenberger for the colleagues and friends of Sigurd Hofmann
C. Scheidenberger, NUSTAR
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Gruppe PER-PAD