Das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung feiert 2019 fünfzigjähriges Bestehen. Über die Jahrzehnte hat sich GSI von einem nationalen Forschungsinstitut mit weltweiten Kooperationen zu einem internationalen Standort entwickelt. Mit dem internationalen Beschleunigerzentrum FAIR, bei dem GSI deutscher Gesellschafter und auch der Hauptgesellschafter ist, werden Menschen aus aller Welt auf Jahrzehnte hinaus Spitzenforschung betreiben. Wir haben die Höhepunkte aus der bisherigen GSI-Geschichte zusammengestellt. Gehen Sie mit uns auf Zeitreise, klicken Sie sich durch 50 Jahre GSI und werfen Sie einen Blick in die Zukunft von FAIR. Viel Spaß beim Stöbern!
GSI wird mit der Absicht gegründet, ein zentrales Beschleunigerlaboratorium für Forschende aus aller Welt und die physikalischen Institute der Hochschulen zu errichten und Spitzenforschung an zentraler Stelle zu ermöglichen. Dafür gründen schon 1966 hessische Hochschullehrkräfte die Kernphysikalische Arbeitsgemeinschaft Hessen. Die grundlegende Idee für einen Teilchenbeschleuniger ist ebenfalls bereits vorhanden: ein Linearbeschleuniger für schwere Ionen bis hinauf zum Uran, dessen prinzipiellen Aufbau Christoph Schmelzer schon Ende der 50er Jahre ersonnen hat und an dessen Realisierung in Heidelberg unter anderem Dieter Böhne tüftelt (Bild: Aufbau des UNILAC 1975).
17. Dezember 1969
Bundeswissenschaftsminister Hans Leussink und der Hessische Ministerpräsident Albert Osswald unterschreiben in Bonn einen zukunftsweisenden Vertrag: Bund und Land Hessen beschließen, in Darmstadt gemeinsam einen Schwerionenbeschleuniger zu errichten und zu betreiben. Dafür wird ein zentrales kernphysikalisches Labor gegründet. Es ist die Geburtsstunde der Gesellschaft für Schwerionenforschung. Zuvor hatte im Juli in Heidelberg die wissenschaftliche Konferenz der Personen stattgefunden, die die Anlage künftig nutzen würden (Bild). Sie diskutierten die Ausarbeitung der Instrumente und Gebäude für die zukünftige GSI-Forschungsanlage.
An die GSI-Spitze tritt ein mehrköpfiges Leitungsgremium, das Wissenschaftliche Direktorium. Die Aufnahme von 1971 zeigt vier der Direktoriumsmitglieder – von links nach rechts Prof. Rudolf Bock, Prof. Peter Brix, Prof. Christoph Schmelzer und den kaufmännischen Geschäftsführer Hans Otto Schuff – im Gespräch mit Baudirektor Flöter von der Oberfinanzdirektion Wiesbaden.
Das Steinhaus an der heutigen Messeler-Park-Straße, ein ehemaliger Industriebetrieb, wird angekauft. Das Gebäude und der Betriebshof sind der erste, noch sehr kleine Standort der frisch gegründeten GSI. Von hier aus wird der Bau des Beschleunigers und der Forschungsgebäude koordiniert und gesteuert.
Christoph Schmelzer ist einer der Gründungsväter von GSI, geboren 1908 in Lichtentanne, gestorben 2001 in Heidelberg. Schmelzer studiert Physik in Jena. Nach seiner Promotion 1935 folgt ein Forschungsaufenthalt an der Brown University in Providence, USA. Von 1939 bis 1948 ist er Assistent am Technisch-Physikalischen Institut der Universität Jena. 1948 wechselt er an die Universität Heidelberg, wo er an der Entwicklung von Teilchenbeschleunigern arbeitet. In den fünfziger Jahren wechselt Schmelzer zum CERN. 1959 beruft ihn die Universität Heidelberg auf den Lehrstuhl für Angewandte Physik, bevor er seine Arbeit als erster Wissenschaftlicher Geschäftsführer von GSI antritt. Unter seiner Führung wird der UNILAC geplant und errichtet.
Es sind wegweisende Arbeitssitzungen für die künftige Spitzenforschung: Wissenschaftler*innen der beteiligten Hochschulen treffen sich am GSI-Betriebshof, um das zukünftige Experimentierprogramm zu besprechen. Unter den Anwesenden sind unter anderem Prof. Rudolf Bock, Prof. Günter Herrmann, Prof. Walter Greiner, Prof. Christoph Schmelzer und Prof. Peter Armbruster.
Der Beginn der Rohbauarbeiten für die Gebäude und Anlagenhallen ist erfolgt, es geht gut voran auf der Großbaustelle. Auf den Fundamenten wachsen rasch Gerätehallen, Experimentierbereiche und Verwaltungsbereiche empor.
Die Gebäudeplanung folgt einem neuen Konzept, das die interdisziplinäre Zusammenarbeit stärken soll: keine abgegrenzten Institute, sondern ein kommunikationsförderndes Miteinander von Betriebspersonal und Nutzer*innen. Architekt ist Peter Steiger, der zuvor das CERN geplant hat.
Der Aufbau des Linearbeschleunigers UNILAC beginnt – ein Vorhaben, das mehrere Jahre dauern wird. Auch eine eigene Galvanikanlage wird im Laufe des Beschleunigerbaus bei GSI errichtet. Dort werden die Metalloberflächen der angelieferten UNILAC-Einzelteile mit Hochglanz-Verkupferungen versehen. Die Größe der Elemente, die verkupfert werden können, macht die Anlage einmalig.
Der Betriebsrat wird 1973 gegründet und vertritt seither aktiv die Interessen der Belegschaft in verschiedensten Ausschüssen (Bild von 2019). So nimmt er Anregungen der Arbeitnehmenden auf und verhandelt sie gegebenenfalls mit der Geschäftsführung. Weitere Arbeitnehmendenrvertretungen wie das Gleichstellungsgremium, die Schwerbehindertenvertretung und die Jugend- und Auszubildendenvertretung folgen in späteren Jahren.
Mai 1974
Rund um GSI werden die Außenanlagen errichtet. Parkplätze werden angelegt, weitere Infrastrukturen für den künftigen GSI-Forschungscampus geschaffen.
Juli 1974
Die meisten Rohbauten stehen, jetzt beginnt der Innenausbau der Gebäude. Dazu gehört unter anderem der große Saal, dessen Fußboden in hexagonalen Strukturen angelegt wird. Bis heute wird er für Vorträge, Vorlesungen und verschiedenste Veranstaltungen genutzt. Insgesamt wird die Bauzeit von GSI fünf Jahre betragen. Die Baukosten liegen bei etwa 180 Millionen DM, die zu 80 Prozent vom Bund und zu 20 Prozent vom Land Hessen finanziert werden.
Schon 1974, noch vor der Fertigstellung des UNILAC, führen Forschende von GSI Experimente an externen Forschungsinstituten durch, zum Beispiel am Lawrence Berkeley National Laboratory in den USA. Die Arbeitsgruppe, hier zu sehen GSI-Physiker Reinhard Stock (r.) und LBL-Wissenschaftler Arthur Poskanzer (l.), experimentiert unter anderem mit dem Plasticball-Detektor (Bild von 1978).
Der Aufbau des UNILAC-Beschleunigers geht voran, die linear verlaufende Strecke nimmt immer konkretere Gestalt an.
Auch die Presse verfolgt das Geschehen auf dem Campus mit großem Interesse und berichtet über die einzigartige Anlage, die am Arheilger Waldrand entsteht.
Die Abteilungen der wissenschaftlich-technischen Infrastruktur erfüllen wichtige Aufgaben zur Unterstützung der Forschung: Im Target-Labor, das Anfang der 1970er Jahre eingerichtet wurde, werden die Targets produziert (l., Bild von 1997). In Beschleunigerexperimenten werden Targets mit Ionen beschossen. Die dabei stattfindenden Reaktionen werden mit Detektoren untersucht. Im Detektorlabor werden die Detektoren für die Experimente entwickelt, gebaut und getestet (r., Montage der Helitron-Driftkammer, die später im FOPI-Experiment verwendet wurde, Bild von 1993). In der Experimentelektronik wird die Technik entwickelt, die die Signale der Detektoren in digitale Informationen umwandelt.
Viele Bauteile sind Einzelanfertigungen und müssen neu konstruiert werden. Daher entstehen auf dem Campus Werkstätten, Konstruktionsbüros (links, Bild von 2014) und viele weitere Einrichtungen, die seit Beginn von GSI die Fertigung von innovativen Instrumenten ermöglichen.
Auch der Hauptkontrollraum (r.) und die Leitwarte für die Stromversorgung (l.) sind inzwischen fertiggestellt und können ihre Arbeit aufnehmen. Vom Hauptkontrollraum aus werden die Anlagen gesteuert, die aus tausenden einzelnen Komponenten wie Magneten, Vakuumpumpen und Messinstrumenten bestehen.
Am 120 Meter langen Linearbeschleuniger UNILAC finden erste Experimente statt. Der UNILAC ist Grundlage für viele Entdeckungen bei GSI.
Die Experimentierhalle von oben: Der Ionenstrahl aus dem Teilchenbeschleuniger kann zu verschiedenen Experimentierstationen gelenkt werden. In dieser Halle werden in späteren Jahren unter anderem die chemischen Elemente 107 bis 112 entdeckt.
24. Februar 1981
Das Element 107 ist das erste neue Element, das bei GSI entdeckt wird. Mit dem 120 Meter langen GSI-Linearbeschleuniger werden Chrom-Ionen – geladene Chrom-Atome – auf hohe Geschwindigkeiten gebracht, etwa 30.000 Kilometer pro Sekunde. Die Chrom-Ionen werden auf eine dünne Folie aus Bismut gelenkt, so dass beide Elemente verschmelzen können. Das neue Element wird mit dem SHIP, einem sogenannten Geschwindigkeitsfilter (s. Foto, Aufbau des SHIP-Detektors, Konzeption vom 2. Physikalischen Institut der Justus-Liebig-Universität in Gießen), nachgewiesen. Das Element 107 wird später Bohrium getauft nach Niels Bohr, einem dänischen Physiker, Nobelpreisträger im Jahr 1922, und Entwickler des Bohrschen Atommodells.
Mehr Infos: Entdeckung neuer Elemente
In GSI-Experimenten wird eine neue radioaktive Zerfallsart entdeckt. Bei der sogenannten Protonenemission werden positiv geladene Kernbausteine aus dem Kern ausgestoßen. Nachgewiesen wird der Zerfall durch Erzeugung besonders protonenreicher Kerne.
1982 findet das Summer Student Program zum ersten Mal statt. Es richtet sich an fortgeschrittene Studierende aus aller Welt. Jedes Jahr können rund 35 Teilnehmende für acht Wochen einen Einblick in eine Forschungsgruppe erhalten und an einem kleinen Projekt arbeiten. Etwa ein Viertel der Teilnehmenden kommt anschließend wieder zu FAIR und GSI.
Mehr Infos: Summer Student Program
Glenn Seaborg (r.), der selbst in den USA an der Entdeckung von zehn Elementen beteiligt war, kommt 1982 zu Besuch nach Darmstadt. Der Nobelpreisträger, nach dem auch das Element Seaborgium benannt ist, besichtigt die GSI-Forschungsanlage, hier mit (v. l.) Sigurd Hofmann, Gottfried Münzenberg und Peter Armbruster, die entscheidend an den Elemententdeckungen bei GSI beteiligt sind.
29. August 1982
Das Element 109 wird bei GSI mithilfe des SHIP-Detektors entdeckt. Es ist benannt nach Lise Meitner, einer österreichischen Physikerin, auf die die theoretische Beschreibung der Kernspaltung zurückgeht. Meitnerium wird erzeugt durch eine Fusionsreaktion von Bismut und Eisen. Das neue Element ist nicht stabil. Es zerfällt und wandelt sich über radioaktiven Zerfall in mehreren Stufen in andere leichtere Elemente um. Dabei sendet es jeweils ein Alpha-Teilchen aus. Mit einem empfindlichen Nachweis-Detektorsystem können die Forschenden diese ausgesandten Alpha-Teilchen exakt vermessen und erst somit das neue Element eindeutig identifizieren. Das Foto zeigt einen Auszug aus dem Laborbuch des Forschungsteams.
Mehr Infos: Entdeckung neuer Elemente
Ab 1983 führt eine Arbeitsgruppe von GSI-Wissenschaftler*innen Experimente am CERN durch. Im Rahmen der Zusammenarbeit baut GSI eine Ionenquelle für CERN (Bild), sodass dort auch mit Schwerionen geforscht werden kann. Auch heute ist GSI noch an Schwerionenexperimenten am CERN am ALICE-Detektor wesentlich beteiligt.
14. März 1984
Das Element 108 wird im März 1984 bei GSI entdeckt. Es wird auf den Namen Hassium getauft, nach dem Bundesland Hessen, dem Sitzland von GSI. Zur Erzeugung nutzen die Forschenden eine Fusionsreaktion von Eisen und Blei. Das Foto zeigt den Detektor, mit dem der Elementnachweis geführt wird.
Mehr Infos: Entdeckung neuer Elemente
19. April 1985
Erweiterungspläne für GSI: Der Ringbeschleuniger SIS18 und der Speicherring ESR sollen gebaut und an den bestehenden Linearbeschleuniger angeschlossen werden. Am 19. April 1985 erhalten die Forschenden für die Errichtung 265 Millionen DM vom Bund, das Land Hessen gibt weitere 10 Millionen DM dazu. Der damalige Bundesminister für Forschung und Technologie, Heinz Riesenhuber, bewilligt die Mittel für den Ausbau der GSI-Beschleuniger.
Komponenten für den GSI-Ringbeschleuniger, das Schwerionensynchroton SIS18, werden montiert. Auf dem Bild sichtbar sind links am Kranseil ein Joch für einen Dipolmagnet (Strahlablenkung) und rechts auf den Böcken das Innenleben eines Quadrupols (Strahlfokussierung). Projektleiter des SIS18-Baus war Klaus Blasche (2.v.r.).
1986 wird die bronzene Stele des Künstlers Thomas Duttenhoefer im Pfarrhof der evangelischen Kirche in Wixhausen enthüllt. Neben Bezügen zu Wixhäuser Historie und Dorfleben sind hier auch drei der bei GSI entdeckten Elemente verewigt, die Elemente 107 bis 109. 1997 kommen zwei Fenster für die Kirche hinzu, die der gleiche Künstler in Zusammenarbeit mit GSI-Wissenschaftler*innen entwickelt. Auch sie nehmen Bezug auf die GSI-Forschung: Das linke zeigt u.a. die sogenannte Bragg-Kurve, die Grundlage für die Tumortherapie mit Ionenstrahlen ist. Das rechte zeigt u.a. die Häufigkeitsverteilung der Elemente im Universum.
In den Jahren rund um 1987 werden die Bauwerke errichtet, die den Ringbeschleuniger SIS18 mit rund 216 Metern Umfang (auf dem Bild als Umriss erkennbar), den Experimentierspeicherring ESR, den Fragmentseparator FRS und die Experimentaufbauten beherbergen werden.
Mehr Infos: GSI-Beschleunigeranlage
Drei Jahre vor dem offiziellen Startschuss für die neue Beschleunigerkombination SIS18/ESR ist die Experimentierzeit bereits mit Forschungsvorhaben ausgebucht. Mehr als 500 Forschende haben über 100 Vorschläge eingereicht.
8. Februar 1988
1988 findet zum ersten Mal "Wissenschaft für Alle" statt (Bild von 2017). Über die Dauer von über 30 Jahren gibt es mittlerweile mehr als 290 Vorträge und insgesamt rund 45.000 Besuchenden. Zu den monatlichen Terminen kommen jeweils rund 200 Gäste. Die Reihe richtet sich an alle, die sich für aktuelle Wissenschaft und Forschung interessieren. Die Themen decken ein großes wissenschaftliches Spektrum ab – nicht nur über GSI und FAIR wird berichtet, sondern generell über aktuelle Themen aus Physik, Chemie, Biologie, Medizin, Informatik. Ziel der Reihe ist es, die wissenschaftlichen Vorgänge für Laien verständlich darzustellen.
Mehr Infos: Wissenschaft für Alle
Die fertigen Dipol-Ablenkmagnete für den Ringbeschleuniger SIS18 werden in den Ringtunnel eingesetzt. Mit dem SIS18 können Schwerionen bis auf 90% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden.
Mehr Infos: Ringbeschleuniger SIS18
Der Fragmentseparator FRS, eine Sortiermaschine für Atomkerne hinter dem Ringbeschleuniger SIS18, wird ins Gebäude eingesetzt (Bild von 1989). Der Betrieb beginnt Anfang 1990. Er trägt dazu bei, dass bei GSI eine Vielzahl von neuen Isotopen erzeugt und identifiziert werden kann (siehe Grafik).
Bei der Erweiterung von GSI wird auch der Experimentierspeicherring ESR unter Leitung von Bernhard Franzke gebaut. Er hat einen Umfang von 108 Metern. Ionen, die zuvor im Linearbeschleuniger UNILAC und im Ringbeschleuniger SIS18 beschleunigt wurden, können im ESR mit hohen Geschwindigkeiten, das bedeutet mehrere Millionen Umläufe pro Sekunde, gespeichert und zum Experimentieren genutzt werden. Durch den Einsatz des Fragmentseparators FRS können auch neue Teilchen, beispielsweise neue Isotope, im ESR gespeichert und hochpräzise vermessen werden. (Bild von 1997)
Am ESR wird ein Elektronenkühler installiert (Bild von 1990). Durch Kühlung der gespeicherten Ionen können Experimente mit allerhöchster Präzision durchgeführt werden (siehe Grafik).
22. November 1988
Der ehemalige Wissenschaftliche Geschäftsführer Professor Christoph Schmelzer (r.) lenkt anlässlich seines 80. Geburtstags gemeinsam mit Nachfolger Professor Paul Kienle zum allerersten Mal den Strahl „seines“ Linearbeschleunigers UNILAC in den neuen Ringbeschleuniger SIS18 ein.
30. Oktober 1989
Erstmals wird im Rahmen der Inbetriebnahme am Ringbeschleuniger SIS18 ein Uran-Strahl auf die in der Spezifikation angestrebte Maximalenergie von einem Gigaelektronenvolt pro Nukleon beschleunigt. Der Beschleuniger erfüllt die in ihn gesetzten Erwartungen. Der Wissenschaftsbetrieb kann in Kürze beginnen.
23. April 1990
Im Rahmen einer Festveranstaltung wird die Erweiterung der GSI-Anlagen um den Ringbeschleuniger SIS18, den Experimentierspeicherring ESR und den Fragmentseparator FRS offiziell durch den damaligen Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber an die Wissenschaft übergeben.
Für die Hochenergieforschung mit dem Teilchenbeschleuniger SIS18, der Schwerionen bis auf 90 % der Lichtgeschwindigkeit bringen kann, werden neue Detektoren gebaut, wie etwa FOPI (4Pi), ein Detektor, der den vollen Raumwinkel abdeckt. FOPI hat zum Ziel, die heiße, dichte Kernmaterie zu untersuchen, die für sehr kurze Zeit bei einer hochenergetischen Schwerionenkollision entsteht. Sie expandiert explosionsartig und sendet dabei zum Teil neu produzierte Teilchen aus (siehe Grafik). FOPI wurde von einer internationalen Kollaboration von 13 Instituten entworfen.
Auf den Spuren des Phasenübergangs: Die Experimente am ALADIN-Spektrometer haben das Ziel, den Phasenübergang von "flüssig" zu "gasförmig" in Kermaterie zu messen (siehe Grafik). Bei Temperaturen unterhalb des kritischen Punktes durchläuft die Kernmaterie einen Phasenübergang ähnlich dem von Wasser zu Gas.
Im Sommer 1992 findet die International Nuclear Physics Conference im Kurhaus in Wiesbaden (l.) statt. GSI ist Gastgeber der größten Fachkonferenz auf diesem Gebiet. Prinzessin Margaret von Hessen und bei Rhein lädt aus diesem Anlass zu einem Empfang ins Schloss Wolfsgarten in Langen (r.) ein, zu dem die Redner*innen und Organisator*innen der Konferenz kommen.
07. September 1992
Nachdem die Entdeckung der Elemente 107, 108 und 109 offiziell GSI zugesprochen wurde, findet am 7. September ein Festakt statt, bei dem die Entdeckungsteams feierlich die Namen für die drei neuen Elemente vorschlagen: Nielsbohrium, Meitnerium und Hassium. Die Namen werden vom zuständigen Gremium IUPAC (International Union of Pure and Applied Chemistry) akzeptiert, bis auf „Nielsbohrium“, das in „Bohrium“ abgewandelt wird.
Mehr Infos: Entdeckung neuer Elemente
Einem Forschungsteam gelingt die Beobachtung einer neuen radioaktiven Zerfallsart: gebundener Beta-Zerfall. Dies hat große Bedeutung für unser grundlegendes Verständnis von Radioaktivität und für astrophysikalische Prozesse, etwa bei der Nukleosynthese im Plasma von Sternen. Dazu untersuchte das Team Dysprosium-163 am GSI-Speicherring ESR. Während das neutrale Dysprosium-Isotop stabil ist, kann im vollständig ionisierten Dysprosium-Kern ein Neutron über den Beta-Zerfall jeweils in ein Proton, ein Elektron und ein Antineutrino übergehen (siehe Grafik, die den inversen Prozess des Elektroneneinfangs zwischen Blei und Thallium zeigt). Das Elektron verlässt das Atom nicht, sondern bleibt daran gebunden. Im Fall des Dysprosiums füllen die Elektronen die K- und L-Schalen des Tochteratoms Holmium-163.
Bei der Amtseinführung von Dr. Helmut Zeitträger (m.), der von 1993 bis 2005 Kaufmännischer Geschäftsführer von GSI war, treffen sich auch sein Vorgänger Hans Otto Schuff (l.), der von 1969 bis 1992 das Amt bekleidete, und Professor Hans Joachim Specht, der von 1992 bis 1999 Wissenschaftlicher Geschäftsführer von GSI ist.
Kerne können in kollektive Modi angeregt werden, bei denen sich die Kerne als Ganzes mit sehr hohen Frequenzen drehen oder die Kernmaterie schwingt. In der sogenannten Dipol-Riesenresonanz schwingen die Neutronen in einem Kern gegen die Protonen. Solche riesigen Dipolresonanzen können nicht nur auf dem nuklearen Grundzustand, sondern auf jedem angeregten Zustand, also auch auf einer riesigen Resonanz (siehe Grafik) aufgebaut werden. Solche exotischen Zustände werden bei peripheren Schwerionenkollisionen bei relativistischen Energien durch Coulomb-Anregung erzeugt. Sie wurden erstmals von der LAND-Kooperation beobachtet, die den Zerfall der Doppelten Dipol-Riesenresonanz in Neutronen und niederenergetische Gammastrahlen misst. Der TAPS-Kooperation ist es gelungen, den sehr seltenen Zerfall der Doppelten Dipol-Riesenresonanz durch Emission von zwei hochenergetischen Photonen zu messen. Der Versuchsaufbau besteht aus vier Armen des TAPS-Arrays und der FOPI-Vorwand (siehe Hintergrund) zur Charakterisierung der Ereignisse.
Bei einem Sommerfest feiert die Belegschaft die großen Erfolge, die in den vorangegangenen Jahren am Ringbeschleuniger SIS18, am Experimentierspeicherring ESR und am Fragmentseparator FRS erzielt werden konnten.
9. November 1994
Ein internationales Forschungsteam um Professor Sigurd Hofmann entdeckt das Element 110. Um es zu erzeugen, verschmelzen die Forschenden die zwei Elemente Nickel und Blei. Deren Atomkerne besitzen zusammen genommen 110 Protonen (Bild: SHIP-Detektor, mit dem Darmstadtium nachgewiesen wurde). Es ist nach der GSI-Sitzstadt Darmstadt benannt, die damit als einzige deutsche Stadt zur Elementnamensgeberin wird.
Mehr Infos: Entdeckung neuer Elemente
Vier Generationen von wissenschaftlichen Geschäftsführern: Professor Christoph Schmelzer (l.) amtiert von 1971 bis 1978, Professor Gisbert zu Putlitz (2.v.l.) folgte ihm und bleibt bis 1983 im Amt. Ab 1984 leitet Professor Paul Kienle (2.v.r.) die wissenschaftlichen Angelegenheiten von GSI. Von 1992 bis 1999 übernimmt Professor Hans Joachim Specht (r.) die wissenschaftliche Geschäftsführung.
8. Dezember 1994
Ein internationales Forschungsteam um Professor Sigurd Hofmann kann das Element 111 erstmals nachweisen. Es wird aus Nickel und Bismut erzeugt, die zusammen genommen 111 Protonen besitzen.Es wird nach Wilhelm Conrad Röntgen, dem ersten Nobelpreisträger und Entdecker der Röntgenstrahlung, Roentgenium genannt.
Mehr Infos: Entdeckung neuer Elemente
9. Februar 1996
Das Element 112 wird zum ersten Mal hergestellt und nachgewiesen. GSI-Wissenschaftler*innen erzeugen es durch Kernfusion, indem sie Zink-Ionen auf Blei-Folien schießen. Die Folien sind auf einem Targetrad angeordnet (siehe Bild). Nach Nikolaus Kopernikus, Astronom und Schöpfer des heliozentrischen Weltbilds, erhält es den Namen Copernicium.
Mehr Infos: Entdeckung neuer Elemente
Der Entwicklung einer neuen Krebstherapie mit Schwerionen folgend, wird 1997 zum ersten Mal eine Person mit Tumorerkrankung mit dieser Methode an der GSI-Beschleunigeranlage behandelt. Tumore im Kopfbereich können mit Ionenstrahlen sehr effektiv behandelt werden, während gleichzeitig das umliegende gesunde Gewebe geschont wird. Bis 2008 werden rund 440 Erkrankte auf dem GSI-Campus therapiert. Seitdem werden Erkrankte in dedizierten Klinikanlagen behandelt. Heute erforscht und entwickelt GSI weitere Anwendungsmöglichkeiten der Schwerionentherapie.
Mehr Infos: Tumortherapie mit Schwerionen
Für die Tumortherapie mit Schwerionen leisten Wissenschaftler*innen und langjährige Forschungsarbeit. Dabei kooperieren die Radiologische Klinik Heidelberg, das DKFZ Heidelberg und das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf mit dem GSI-Team. Beteiligt sind unter anderem Professor Gerhard Kraft, der die Kohlenstoff-Ionentherapie nach Europa holt und die Biophysikabteilung bei GSI gründet, Professor Jürgen Debus, heute Ärztlicher Direktor der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie und Wissenschaftlich-medizinische Leitung am Heidelberger Ionenstrahltherapiezentrum HIT, sowie Professor Thomas Haberer, heute Wissenschaftlich-technische Leitung am HIT, und Dr. Hartmut Eickhoff von GSI, der beim Aufbau des HIT technischer Projektleiter ist. Von 2010 bis 2012 ist Eickhoff außerdem Technischer Geschäftsführer von GSI.
Mehr Infos: Tumortherapie
Blick in das Innere des tonnenschweren Magnets des KaoS-Experiments (Kaonen-Spektrometer). Die American Physical Society zählt die Messungen von KaoS 1998 zu den zehn herausragendsten Physik-Ergebnissen. KaoS weist nach, dass Teilchen ihre Masse in dichter Kernmaterie verändern (siehe Grafik), was entscheidend für die Physik und das Verständnis von Sternen ist.
Schwerionen erlauben die Untersuchung von heißen, dichten Plasmen. Neben Erkenntnissen über Materie unter extremen Bedingungen könnten die dabei entwickelten Techniken für alternative Energieerzeugung mittels schwerioneninduzierter Trägheitsfusion interessant sein. GSI beteiligt sich an einer mehrjährigen Studie (siehe Grafik) zu diesem Thema.
Nach Gründung der HADES-Kollaboration 1994 wird 1998 der Detektor aufgebaut und der supraleitende Magnet von HADES installiert (Bilder). Mit dem HADES-Detektor (High Acceptance Di-Electron Spectrometer) wird heiße dichte Kernmaterie untersucht, unter anderem, um hinter das Rätsel der Masse zu kommen. Denn es ist noch nicht geklärt, warum ein Proton deutlich mehr Masse hat als seine einzelnen Bestandteile.
Mehr Infos: HADES-Experiment
Vor und nach seinem Flug mit dem Spaceshuttle Discovery wird der Detektor AMS-01 (Alpha Magnetic Spectrometer, r.) bei GSI getestet. Auch Elektronik für seinen Nachfolger AMS-02, der auf der International Space Station ISS (l.) bis heute seine Arbeit verrichtet, wird bei GSI kalibriert. Der Detektor wurde am Massachusetts Institute of Technology von einer Gruppe rund um Nobelpreisträger Samuel Ting entwickelt, um unter anderem Antimaterie in der kosmischen Strahlung zu suchen.
Auch außerhalb des GSI-Campus präsentiert sich die Wissenschaft mit Schwerionen: Regelmäßig finden Ausstellungen statt, wie beispielsweise die Wanderausstellung „Reise zum Urknall: Elementarteilchen- und Kernphysik" (Bild). Sie wird anlässlich des Jahrs der Physik (2000) konzipiert, bei dem GSI eine wichtige Koordinierungsrolle übernimmt. Anschließend ist die Wanderausstellung „Reise zum Urknall“ in 77 Orten innerhalb Deutschlands und weltweit, unter anderem in Südafrika und China, zu sehen und zählt mehr als 100.000 Gäste.
Im Jahr 2000 findet unter dem Motto "Schauplatz Wissenschaft – Einblick in die Materie" ein Tag der offenen Tür bei GSI statt. Die Geschäftsführung vor Beginn der Veranstaltung: Professor Walter Henning (l.), der von 1999 bis 2007 Wissenschaftlicher Geschäftsführer von GSI ist, und Dr. Helmut Zeitträger, der von 1993 bis 2005 Kaufmännischer Geschäftsführer ist.
Ein GSI-Forschungsteam untersucht die chemischen Eigenschaften des superschweren Elements Hassium. Herausforderung hierbei ist, dass es zuerst künstlich hergestellt werden muss und dann nur eine sehr kurze Lebensdauer hat. Mithilfe eines thermochromatografischen Detektorsystems finden die Forschenden heraus, dass Hassium mit Sauerstoff ein sehr volatiles Tetroxid bildet und sich damit verhält wie ein typisches Element der achten Hauptgruppe.
Mai 2002
Am GSI-Fragmentseparator (Bild) entdeckt ein Forschungsteam bei der Untersuchung des Atomkerns Eisen-45 eine neue radioaktive Zerfallsart: den Zwei-Protonen-Zerfall, bei dem gleichzeitig zwei Protonen aus dem Kern emittiert werden. Diese Zerfallsart war in der theoretischen Physik vorhergesagt worden. Die Veröffentlichung erscheint im Mai 2002.
Bereits seit dem Jahr 2003 nehmen GSI und später auch FAIR an der bundesweiten Initiative "Girls'Day" teil, einem Aktionstag, der Mädchen und Frauen motivieren soll, technische und naturwissenschaftliche Berufe zu ergreifen. Die Aktion ermöglicht es jährlich rund 45 Mädchen, einen Einblick in die Forschungsarbeit und in die technischen Berufe auf dem Campus zu erhalten und sie so für die Wissenschaft zu begeistern (Bild aus dem Jahr 2018).
Die RISING-Kollaboration (Rare Isotopes Spectroscopic INvestigation at GSI) ermöglicht Untersuchungen physikalischer Phänomene mithilfe von hochaufgelöster In-Beam-Gammaspektroskopie mit radioaktiven Strahlen. RISING vermisst unter anderem Zinn-100, den schwersten doppelt-magischen Atomkern mit gleicher Protonen- und Neutronenzahl. An Zinn-100 kann der schnellste Beta-Plus-Zerfall aller bisher weltweit untersuchten Isotope nachgewiesen werden (siehe Grafik). Die experimentellen Ergebnisse stellen einen Meilenstein im Verständnis exotischer Atomkerne dar.
Für einige Zeit wird auch das Advanced GAmma Tracking Array (AGATA, Bild), ein europäisches Gammaspektrometer zur Untersuchung der Kernstruktur, an einem der GSI-Messplätze betrieben.
Mai 2003
Im Weißen Turm in der Darmstädter Innenstadt ist die GSI-Fotoausstellung „Forschung im Fokus“ mit Bildern von Achim Zschau (m.) zu sehen. Der Fotograf dokumentiert seit 30 Jahren Instrumente, die zur Erforschung der Materie von der Wissenschaft benötigt werden. Die Fotografien zeigen ein weitreichendes Spektrum vom Bau der Anlagen über einzelne Komponenten bis hin zu haushohen Detektoren. Seine Bilder waren in den Jahren zuvor im Rahmen anderer Ausstellungen auch schon auf der Mathildenhöhe in Darmstadt und im Justus-Liebig-Haus Darmstadt zu sehen.
5. Februar 2003
Nachdem sich der Wissenschaftsrat im November 2002 für den Bau der neuen Beschleunigeranlage FAIR ausgesprochen hat, kommt nun die Finanzierungszusage des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Voraussetzung ist die Beteiligung internationaler Partner an dem Projekt.
Mehr Infos: FAIR
2. Dezember 2003
GSI tauft das chemische Element 110 zu Ehren der Stadt Darmstadt offiziell auf den Namen Darmstadtium mit dem chemischen Symbol Ds. Damit ist Darmstadt die erste und einzige deutsche Stadt, nach der ein chemisches Element benannt ist. Die Taufpaten sind Edelgard Bulmahn, zu diesem Zeitpunkt Bundesministerin für Bildung und Forschung, und Peter Benz, zu diesem Zeitpunkt Oberbürgermeister der Stadt Darmstadt. Schüler*innen der Georg-Büchner-Schule zeigen eine Performance mit dem Namen "Die Geburt der chemischen Elemente".
Mehr Infos: Entdeckung neuer Elemente
27. September 2004
Das GSI-Schülerlabor wird von Karin Wolff, zu diesem Zeitpunkt Hessische Kultusministerin, offiziell eröffnet. Inmitten der Forschungseinrichtungen richtet GSI ein Labor für Schüler*innen ein. Der Experimentierraum bietet sorgfältig aufeinander abgestimmte Versuchsaufbauten zu den Themen Radioaktivität und Strahlung. Ausgehend vom Lehrplan für hessische Schulen führen die Versuche in moderne Experimentiermethoden der Kern- und Elementarteilchenphysik ein.
Der TASCA-Detektor wird 2006 in Betrieb genommen. TASCA (TransActinide Separator and Chemistry Apparatus) ist ein gasgefüllter Separator, der Elemente, die zuvor mithilfe des Teilchenbeschleunigers neu erzeugt wurden, separieren kann. Die Elemente werden am Ende des Separators in einem Halbleiter-Detektor aus Silizium gestoppt und durch die Messung ihrer Alpha-Strahlung identifiziert. Mit weiteren Detektoren können an TASCA auch chemische Eigenschaften neuer Elemente untersucht werden. In den Folgejahren werden an TASCA unter anderem Messungen an den Elementen 114, 115 und 117 durchgeführt.
17. November 2006
Das bei GSI entdeckte Element 111 wird auf den Namen Roentgenium mit dem chemischen Symbol Rg getauft. Mit dem Namen wird Wilhelm Conrad Röntgen, der Entdecker der Röntgenstrahlen und erste Nobelpreisträger für Physik, geehrt. Taufpatin ist die damalige Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan.
Mehr Infos: Entdeckung neuer Elemente
7. November 2007
Durch die Unterzeichnung eines gemeinsamen Kommuniqués erklären die Vertretungen der Partnerstaaten die Absicht, das internationale Beschleunigerzentrum FAIR zu bauen. Von deutscher Seite unterzeichnen die damalige Bundesministerin für Bildung und Forschung Annette Schavan und der damalige Hessische Ministerpräsident Roland Koch.
Mehr Infos: FAIR
April 2008
Das ExtreMe Matter Institute (EMMI) wird im Rahmen der Helmholtz-Allianzinitiative gegründet. Mehr als 400 Wissenschaftler*innen (einschließlich Studierende) forschen im Rahmen von EMMI an den 13 Partnerinstitutionen, um Materie unter extremen Bedingungen zu untersuchen. Seit 2015 ist EMMI ein Geschäftsbereich von GSI. Im Rahmen der EMMI Physics Days 2010 war auch Physik-Nobelpreisträger Wolfgang Ketterle (l.) zu Besuch bei GSI.
Das Helmholtz International Center for FAIR (HIC for FAIR) wird im Rahmen der LOEWE-Initiative des Bundeslandes Hessen gegründet. Der Fokus von HIC for FAIR ist der Auf- und Ausbau der Expertise der beteiligten Partner in Vorbereitung auf das wissenschaftliche Großprojekt FAIR (Bild: HADES-Detektor). HIC for FAIR ist ein Gemeinschaftsprojekt von GSI, dem Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS), der Goethe-Universität Frankfurt, der Justus-Liebig-Universität Gießen sowie der Technischen Universität Darmstadt. Kurze Zeit später folgt die Gründung der Helmholtz Graduate School for Hadron and Ion Research (HGS-HIRe), um eine strukturierte Promotionsausbildung zu fördern. Mehr als 300 Doktorand*innen werden aktuell über dieses Programm ausgebildet. Beteiligt sind, neben GSI und FAIR, die TU Darmstadt, die Goethe-Universität Frankfurt, die Justus-Liebig-Universität (Gießen), die Universität Heidelberg, die Gutenberg-Universität Mainz und das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS).
7. Oktober 2008
Aus "Gesellschaft für Schwerionenforschung mbH" wird "GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH". Mit dem neuen Namen wird die Zugehörigkeit zur Helmholtz-Gemeinschaft deutlich.
GSI und die Universitäten Darmstadt, Frankfurt, Gießen, Heidelberg und Mainz sowie das Frankfurt Institute for Advanced Studies FIAS unterzeichnen eine Vereinbarung über die strategische Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung. Sie wollen in diesem Rahmen gemeinsam die Forschung und Entwicklung für das zukünftige internationale Beschleunigerzentrum FAIR bündeln und koordinieren (im Bild vorne, 2.v.r. Professor Horst Stöcker, von 2007 bis 2015 Wissenschaftlicher Geschäftsführer von GSI,und 2.v.l. Christiane Neumann, von 2008 bis 2010 Kaufmännische Geschäftsführerin von GSI, mit Vertretungen von Hochschulen und FIAS).
GSI nimmt den neuen Hochleistungs-Laser PHELIX in Betrieb.Forschende haben bei GSI nun die weltweit einzigartige Möglichkeit, hochenergetische und hochintensive Laserstrahlen mit Ionenstrahlen, die in der bestehenden Beschleunigeranlage produziert werden, in Experimenten miteinander zu kombinieren. So lässt sich Materie im Extremzustand erforschen, wie sie in Sternen oder im Inneren von großen Planeten, zum Beispiel dem Jupiter, vorkommt. Auch neue Möglichkeiten der Ionenbeschleunigung durch Laserstrahlen werden untersucht (siehe Grafik).
Im März 2009 wird der für die Materialforschung neu aufgebaute M-Zweig eröffnet. Drei Strahlplätze ermöglichen weltweit einmalige Online-Untersuchung zur Veränderung physikalischer Eigenschaften von Materialien unter Beschuss durch hochenergetischen Ionen. Es wird beispielsweise die Strahlenhärte von Funktionsmaterialien für die Beschleunigeranlage FAIR sowie von elektronischen Satellitenbauteilen getestet. Eine weitere sehr erfolgreiche Forschungsaktivität basiert auf der Ionenspurnanotechnologie. Die Herstellung von maßgeschneiderten Nanokanälen und Nanodrähten ist für zahlreiche interdisziplinäre Bereiche von Interesse. Schon in den 90er Jahren wird anwendungsbezogene Forschung, die in den verschiedenen GSI-Abteilungen angesiedelt ist, in einem neuen Bereich zusammengefasst, der Materialforschung. Erster Leiter der Materialforschung ist Norbert Angert, der auch Leiter des Beschleunigerbereichs war.
Mehr Infos: Materialforschung
April 2009
Die erste Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "target" (r.) erscheint. Es informiert auf verständliche Weise über die Forschung bei GSI und FAIR und kann kostenlos abonniert werden. Bis heute sind bereits 17 Ausgaben erschienen. Zuvor hatten die GSI-Nachrichten (l.) seit Beginn des Experimentierbetriebs am UNILAC-Beschleuniger Mitte der 70er Jahre die Belegschaft, externe Nutzende und die interessierte Außenwelt über aktuelle Entwicklungen im Forschungsprogramm informiert.
Das Helmholtz-Institut Mainz, das erste Helmholtz-Institut überhaupt, und das Helmholtz-Institut Jena werden gegründet. Sie sind Außenstellen und Tochterinstitute von GSI. In Mainz kooperieren GSI und die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) in der Erforschung von Struktur, Symmetrie und Stabilität von Materie und Antimaterie. Im Jahr 2017 wird der neue Forschungsbau eingeweiht (l.), der die Arbeitsgruppen des Helmholtz-Instituts Mainz beheimatet. Das Helmholtz-Institut Jena liegt auf dem Campus der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Arbeitsschwerpunkt des Instituts liegt in der grundlegenden sowie angewandten Forschung unter Einsatz von Hochleistungslasern und Teilchenbeschleunigeranlagen (r.).
02. November 2009
Am Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum HIT können Krebskranke jetzt im klinischen Routinebetrieb mit der bei GSI entwickelten neuen Krebstherapie behandelt werden. GSI entwickelt dafür einen maßgeschneiderten Beschleuniger, der am HIT gebaut und zur Ionenstrahltherapie eingesetzt wird. Die Investitionskosten von 119 Millionen Euro werden zu gleichen Teilen vom Universitätsklinikum Heidelberg und vom Bund getragen. 2015 eröffnet ein weiteres Ionenstrahl-Therapiezentrum in Marburg.
Mehr Infos: Tumortherapie mit Schwerionen
12. Juli 2010
Das bei GSI entdeckte chemische Element 112 erhält seinen Namen Copernicium. Mit der symbolischen Taufe wird der für alle Zeiten gültige Eintrag ins Periodensystem feierlich begangen. Copernicium ist 277-mal schwerer als Wasserstoff und zu diesem Zeitpunkt das schwerste offiziell anerkannte chemische Element im Periodensystem. Mit dem Namen des Elements wird der Astronom Nikolaus Kopernikus (1473-1543) geehrt. Taufpate ist der Hessische Ministerpräsident Roland Koch.
Mehr Infos: Entdeckung neuer Elemente
4. Oktober 2010
Vertretungen aus neun Staaten unterzeichnen im Schloss Biebrich in Wiesbaden das völkerrechtliche Abkommen über die Errichtung des Beschleunigerzentrums FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research), das in Darmstadt bei GSI entstehen wird, und gründen dafür die FAIR GmbH. Gastgeber war das Land Hessen mit Ministerpräsident Volker Bouffier (6.v.r.). Die FAIR-Gesellschafter stammen aus Deutschland, Finnland, Frankreich, Indien, Polen, Rumänien, Russland, Schweden und Slowenien. Die GSI GmbH ist der deutsche Gesellschafter und auch der Hauptgesellschafter der internationalen FAIR GmbH.
8. November 2010
Der Beschleuniger LHC am Europäischen Forschungszentrum CERN beschleunigt zum ersten Mal Blei-Ionen auf Rekordenergien. Der Detektor ALICE, speziell zur Untersuchung von Reaktionen zwischen schweren Ionen bei hohen Energien gebaut, vermisst die ersten Bleikollisionen. Beim Bau zweier wichtiger ALICE-Detektoren hat GSI wesentlich beigetragen und ist mitverantwortlich für den Betrieb: die Zeitprojektionskammer und der Übergangsstrahlungsdetektor. GSI ist sowohl am weltweit verteilten Netzwerk (Grid) zur Analyse der Experimentdaten als auch an der eigentlichen Analyse beteiligt.
9. März 2011
30 Schüler*innen erwartet eine besondere Herausforderung. Sie arbeiten mit echten Experimentdaten, die vom ALICE-Experiment am Large Hadron Collider des CERN in Genf aufgezeichnet worden sind. Im Rahmen der International Masterclasses finden seitdem jährlich Veranstaltungen bei FAIR und GSI statt, bei denen Jugendliche für einen Tag in die Rolle von Forschenden schlüpfen können. Das Bild stammt aus dem Jahr 2014.
Im Jahr 2012 übernimmt der Wisschenschaftlich-Technische Rat (WTR) die Aufgabe, die Geschäftsführung in allen strategischen wissenschaftlich-technischen Fragen zu beraten. Außerdem hat der WTR einen Sitz im GSI-Aufsichtsrat. Dem WTR gehören die Abteilungsleitungen der wissenschaftlich-technischen Bereiche, der Forschungsschwerpunkte und der Helmholtz-Institute, sowie gewählte Vertretungen der wissenschaftlichen und technischen Belegschaft an. Der WTR folgt seinem Vorgängergremium nach, dem Wissenschaftlichen Ausschuss, der diesen Auftrag zuvor langjährig innehatte.
Februar 2013
Einen neuen Weltrekord stellt GSI-Forscher Professor Hans Geissel (r.) auf: Er steht mit 272 entdeckten Atomkernen an der Spitze der Weltrangliste. Mit 59 neu produzierten Kernen löst er seinen Kollegen Professor Gottfried Münzenberg (l.) ab. Münzenberg, vor seinem Ruhestand im Jahr 2005 ebenfalls Forscher bei GSI, hat den Weltrekord bisher mit 219 Atomkernen inne. In der Weltrangliste der Entdeckerlabore liegt GSI auf Platz zwei mit 435 Atomkernen. Zentrales Gerät für Atomkern-Entdeckungen ist der Fragmentseparator bei GSI (Bild). Die Rangliste veröffentlicht der Forscher Professor Michael Thoennessen (m.) von der Michigan State University in den USA.
Der CRYRING ist ein Ionenspeicherring für FAIR. 2013 wird er als schwedischer Sachbeitrag für FAIR nach Darmstadt geliefert. Dort wird er modernisiert, an FAIR-Standard angepasst und unter dem Projektnamen “CRYRING@ESR” an den ESR angeschlossen. Das experimentelle Programm, das am CRYRING verfolgt wird, reicht von der Atom- über die Kernphysik bis hin zur Materialforschung.
Ein Highlight des HADES-Experiments, bei dem Gold-Ionen aus dem Teilchenbeschleuniger auf ein Gold-Target geschossen werden, ist die Messung von virtuellen Photonen. Sie tragen Informationen direkt aus der heißen und dichten Kollisionszone der Ionen und wurden erstmals für baryonreiche QCD-Materie gemessen. Baryonenreiche Materie findet sich in kompakten astrophysikalischen Objekten wie Neutronensternen und spielt für die Dynamik von Neutronensternverschmelzungen eine wichtige Rolle.
Der neue GSI-Supercomputer „L-CSC“ (l.) erringt im weltweiten Vergleich der energiesparendsten Hochleistungscomputer „Green500“ den inoffiziellen Weltmeistertitel. Mit einem Watt elektrischer Leistung erzielt der L-CSC eine Rechenleistung von 5,27 Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde. Kurze Zeit später wird das Gebäude für das neue Höchstleistungs-Rechenzentrum „Green IT Cube“ (r.) bei GSI und FAIR fertig gestellt und feierlich eingeweiht. Dank eines speziellen Kühlsystems ist es besonders energie- und kosteneffizient. Der Green IT Cube stellt enorme Rechenkapazitäten für Experimente an den Beschleunigeranlagen von GSI und zukünftig von FAIR bereit. Auch die Datenauswertung, die von GSI für das CERN-Experiment ALICE durchgeführt wird, findet hier statt.
Ob Gastprofessuren, Vorlesungsreihen oder Festvorträge – die Forschenden von GSI und FAIR erhalten zahlreiche Auszeichnungen und Anerkennungen von Universitäten und Forschungsverbänden für ihre herausragenden wissenschaftlichen Leistungen und wegweisenden Forschungsarbeiten. Im Foto Bum-Hoon Lee (l.), Präsident des Asian Pacific Center for Theoretical Physics (APCTP) in Korea, bei der Verleihung der Benjamin-Lee-Professur an Karlheinz Langanke, der von 2015 bis 2016 Wissenschaftlicher Geschäftsführer von GSI (ad interim) und Forschungsdirektor von GSI und FAIR ist.
Der Strahltransport vom Experimentierspeicherring ESR der GSI zum ersten FAIR-Speicherring CRYRING wird erfolgreich getestet. Ein wichtiger Schritt, der den Start der CRYRING-Inbetriebnahme markiert, indem beide Ringe in einer Anlage integriert werden.
3. März 2017
Der neue Wissenschaftliche Geschäftsführer von GSI und FAIR Paolo Giubellino (2.v.r.) wird offiziell ins Amt eingeführt. Zusammen mit Ursula Weyrich, Administrative Geschäftsführerin seit 2014, und Jörg Blaurock (l.), Technischer Geschäftsführer seit 2016, ist die erste gemeinsame Führungsspitze von GSI und FAIR komplett. Bei der Amtseinführung sind unter anderem Staatssekretär Georg Schütte (2.v.l.), GSI-Aufsichtsratsvorsitzender und FAIR-Council-Vorsitzender, sowie Helmholtz-Präsident Otmar Wiestler (r.) zu Gast.
7. Mai 2017
Forschen und Entdecken beim Tag der offenen Tür bei GSI und dem künftigen Beschleunigerzentrum FAIR. Nahezu 11.000 Gäste kommen auf den Campus in Darmstadt, um Forschungsstätten, Labors und Experimentiereinrichtungen zu besichtigen. Acht Stunden öffnen GSI und FAIR die Pforten für die Gäste, tausende Neugierige, darunter viele Familien, nutzen dieses Ereignis, um einen Blick hinter die Kulissen einer der führenden Beschleunigereinrichtungen für die physikalische Grundlagenforschung zu werfen. Der Tag der offenen Tür ist die größte Veranstaltung in der Geschichte von GSI und FAIR.
4. Juli 2017
Am 4. Juli 2017 erfolgt auf dem Baufeld nordöstlich von GSI der Spatenstich für den großen Ringbeschleuniger SIS100, Herzstück der künftigen Beschleunigeranlage FAIR. Bei der Festveranstaltung überbringen nationale und internationale Vertretungen aus Politik und Wissenschaft Grußworte und greifen symbolisch zum Spaten. Alle neun Partnerländer sind bei diesem entscheidenden Etappenziel repräsentiert.
Der Teststand für die supraleitenden Magnete des FAIR-Ringbeschleunigers SIS100 geht in Betrieb. Hier werden u.a. die Dipolmagnete getestet, die bei FAIR die Teilchen auf ihrer Kreisbahn halten. Die supraleitenden Magnete werden zunächst auf -269°C abgekühlt und dann auf ihre magnetischen Eigenschaften geprüft, bevor sie wieder aufgetaut werden. Insgesamt 110 Dipolmagnete kommen im SIS100-Ringbeschleuniger zum Einsatz.
Erstmals werden Gravitationswellen von verschmelzenden Neutronensternen (obere Grafik) nachgewiesen. In Kombination mit elektromagnetischen Wellen der gleichen Verschmelzung (untere Grafik) bestätigen sich zentrale Vorhersagen von GSI-Forschenden zur Entstehung schwerer Elemente wie Gold und Platin im Universum. Es wird geschätzt, dass das Ereignis das Zehnfache der Erdmasse an Gold und Uran produziert hat.
Von Beginn an pflegt GSI wissenschaftliche Beziehungen zu verschiedensten Ländern. Die Zusammenarbeit mit Russland beginnt bereits in den 60er Jahren, eine chinesische Delegation ist 1977 erstmals zu Besuch bei GSI. 2018 bestehen Kooperationen von GSI und FAIR mit über 400 Instituten aus über 50 Ländern. Die Institute sind auf der Weltkarte als orangene Punkte eingezeichnet, orange gefärbt sind die Länder der FAIR-Gesellschafter.
Mehr über die Auswirkungen von kosmischer Strahlung auf Menschen, Elektronik und Material zu erfahren, ist entscheidend für die Zukunft in der astronautischen, aber auch der robotischen Raumfahrt (Bild von 2012). Bei der genaueren Erforschung arbeiten die Europäische Weltraumorganisation ESA und FAIR künftig eng zusammen und unterzeichnen eine entsprechende Kooperationsvereinbarung auf dem Campus von FAIR und GSI.
April 2019
Das erste Tunnelsegment des zentralen Ringbeschleunigers SIS100 ist als Rohbau fertiggestellt. Der rund 25 Meter lange Rohbauabschnitt mit den parallel nebeneinander verlaufenden Bereichen des Beschleuniger- und Versorgungstunnels ist der erste Teil des Beschleunigertunnels, der insgesamt 1,1 Kilometer Umfang haben wird.
An zahlreichen Stellen auf der FAIR-Großbaustelle ist zu erkennen, wie das internationale Projekt in der Realisierung stetig vorankommt. Die in regelmäßigen Abständen aufgenommenen Drohnenvideos zeigen den Fortschritt. Nach Fertigstellung des ersten Tunnelsegments des rund 1.100 Meter umfassenden Beschleunigerrings laufen bereits die Betongießarbeiten für den weiteren Tunnel. Deutlich fortgeschritten sind zudem die Arbeiten für das Kreuzungsbauwerk, ein weiteres entscheidendes Gebäude für FAIR, das den zentralen Knotenpunkt für die hochkomplexen Strahlführungen beherbergen wird. Wichtige bauliche Weichen werden auch für die Experimentierplätze von FAIR gestellt, so nimmt etwa die Baugrube für das CBM-Experiment umfassende Konturen an.
GSI blickt auf 50 Jahre Spitzenforschung zurück – mit dem Bau von FAIR liegt eine verheißungsvolle Zukunft vor uns. Wissenschaftler*innen aus der ganzen Welt werden an FAIR das Universum im Labor erforschen. In großen Planeten, Sternen und Sternexplosionen ist Materie extremen Bedingungen ausgesetzt, zum Beispiel extrem hohen Temperaturen, Drücken und Dichten. An der FAIR-Anlage können 3.000 Forschende genau diese Bedingungen im Labor herstellen. Dazu schießen sie Teilchen auf kleine Materialproben. Im winzigen Aufprallpunkt entsteht für einen kurzen Moment die kosmische Materie im Labor und wird für die Forschung zugänglich.
(Status des Zeitstrahls: 17.12.2019)