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Archiv | 2017 | KW:02 |Ausgabe: 02-2017 | 09.01. - 15.01.


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Ausgabe: 02-2017 | 09.01. - 15.01.

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Fritz Bosch – Ein Nachruf


Quelle: G. Otto, GSI

Am 17.12.2016 verstarb Prof. Dr. Fritz Bosch völlig unerwartet im Alter von 76 Jahren. Nicht als Prof. Dr. Bosch sondern als „Fritz“ kannten ihn alle bei der GSI. Als außergewöhnlich begabten Wissenschaftler mit einem immensen Wissen, als Vortragenden mit einer die Zuhörer fesselnden Begeisterung, als Freund und Kollegen mit liebenswürdiger Herzlichkeit und vielseitigem Verständnis, unermüdlich tätig bis zuletzt.

Nach einem Philosophie- und Physikstudium wurde er von der Albert-Ludwigs-Universität in seiner Heimatstadt Freiburg zum Dr. rer nat. promoviert. 1979 kam Fritz zur GSI in die Abteilung Atomphysik, die von Prof. Peter Armbruster geleitet wurde und nicht zuletzt dank dessen großzügiger Förderung eine Blütezeit erlebte. Es war die Zeit der Untersuchung fundamentaler Prozesse in superschweren Atomen. An allen Experimenten am Schwerionenbeschleuniger UNILAC, die unter den Stichworten „K X-RAYs, δ – Electrons and Positrons in Superheavy Systems“ in die Literatur eingegangen sind, war Fritz maßgeblich beteiligt, in enger Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. Paul Kienle von der TU München. Unzählige, mitunter kontroverse Diskussionen der Resultate sind in Erinnerung, häufig geprägt von seinem Beharren auch auf unkonventionellen Erklärungen. So traf ich Jahre später einen schweizerischen Kollegen von der ETH Zürich, der mir erzählte, mit welcher Begeisterung Fritz ihn seinerzeit von der Bedeutung der Elektron-Elektron-Streuung für die Resultate der GSI-Experimente zu überzeugen versuchte. Aber superschwere Atome waren trotz ihrer faszinierenden Eigenschaften nicht alles für Fritz. Er erkannte früher als andere die weit reichenden Möglichkeiten des neuen Experimentierspeicherrings ESR bei der GSI für fundamentale Untersuchungen auf dem Grenzgebiet zwischen Atom- und Kernphysik. So schlug er die äußerst erfolgreichen Experimente zur Messung der Lebensdauer des β – Zerfalls radioaktiver Kerne in unbesetzte, gebundene Zustände hochgeladener Ionen vor. Mit der ihm eigenen Gründlichkeit analysierte er die Resultate, die die Basis für eine Neukalibrierung von kosmologischen Uhren sein werden. In der Folge dieser und ähnlicher Experimente lernte man, im ESR sogar einzelne Nuklide kontrolliert zu speichern, nachzuweisen und deren Weg genau zu bestimmen. Damit wurde das Tor zu Präzisionsmessungen von Massen und Lebensdauern von exotischen Nukliden weit aufgestoßen, Messungen, deren Resultate noch für manche Überraschung sorgen werden. Fritz war mit seinen Ideen und Vorschlägen immer an vorderster Front, unterstützt von zahlreichen Kollegen und stets ermuntert und kritisch begleitet von Paul Kienle, dessen Tod im Jahre 2013 ihn tief traf.

Neben seiner Tätigkeit als Wissenschaftler ist und bleibt Fritz bei den GSI´lern auch in einer anderen Eigenschaft in bester Erinnerung, nämlich als Redner, der seine Zuhörer bei vielen Themen und allen möglichen Anlässen fesseln konnte. Häufig wurde in Notsituationen auf die Schnelle nach einem kompetenten Sprecher gesucht. Die Lösung lautete fast immer: „Frag Fritz, der kann das und macht das auch“. Dass Fritz dann wie erwartet zustimmte lag daran, dass es ihm einfach Spaß machte, Zuhörer für ein Thema zu interessieren und sogar zu begeistern indem er es verstand, etwas von seiner eigenen Begeisterung rüberzubringen. Dabei benutzte er keine komplizierten Formeln (obwohl die ihm sehr lagen) sondern einfache Graphiken und Bilder. Viele von uns kennen noch seine legendären „Strichmännchen“, viel einfachere, aber doch einprägsamere Wesen als diejenigen in heutigen, durchgestylten Präsentationen. Generationen von Studenten der Universität Kassel, an der Fritz Honorarprofessor war, vermittelte er in seinen Vorlesungen und Seminaren Kenntnisse in Kern- und Elementarteilchenphysik. Ein besonderes Anliegen waren ihm die Weihnachtsvorträge im Rahmen der Reihe „Wissenschaft für alle“ bei der GSI. In denen vermochte er die Zuhörer für seine besondere Vorliebe zu begeistern, nämlich die Kosmologie mit all ihren inhärenten Geheimnissen: Woher kommen wir, woraus bestehen wir, wohin gehen wir ….? Es war ihm nicht vergönnt, den Weihnachtsvortrag des Jahres 2016 zu halten.

Jeder, der Fritz kannte, war eingenommen von seiner von Herzen kommenden Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Bei Fragen und Problemen konnte man jederzeit zu ihm kommen, von früh am Morgen bis spät am Abend. Fand man ihn in seinem Zimmer, dann hatte er immer Zeit. Gleich ob es physikalische, politische und sonst welche Probleme betraf. Fritz war immer enthusiastisch bei der Sache und beeindruckte durch sein immenses Wissen, sein unglaubliches Gedächtnis und besonders durch seine herzliche, verständnisvolle Art im gegenseitigen Umgang. Diese Eigenschaften prägten maßgeblich das wissenschaftliche und menschliche Klima in der Abteilung Atomphysik, der er immer die Treue hielt. Bei allen Diskussionen und in vielen ungeliebten Sitzungen war jedoch eines absolut notwendig: Eine Tasse Kaffee. Die holte er sich immer in der „Operateurskantine“, nirgendwo sonst. Es war seine Art der stillen Anerkennung für alle, die den UNILAC und den ESR geplant und gebaut haben und betreiben. Ohne sie hätten viele seiner Ideen nicht realisiert werden können.

Fritz wird uns allen unvergesslich bleiben.

Dieter Liesen für die Atomphysik


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