Inbetriebnahme des ersten Kryomoduls des HElmholtz LInear ACcelerators (HELIAC) mit Schwerionenstrahl

04.07.2024

Mit dem HElmholtz LInear ACcelerator HELIAC entsteht bei GSI/FAIR ein Dauerstrich-Linearbeschleuniger, der mit seinem kontinuierlichen Teilchenstrahl neue Forschungsmöglichkeiten eröffnet. Das erste supraleitende Modul des HELIAC wurde in den vergangenen Jahren am Helmholtz-Institut Mainz (HIM) entwickelt, zusammengebaut und getestet. Nach der Überführung auf den GSI/FAIR-Campus konnte es nun erfolgreich mit Helium- und Argon-Ionenstrahl in Betrieb genommen werden. In weiteren Tests wurden die zur Beschleunigung von schweren Ionen erforderlichen elektrischen Feldstärken deutlich übertroffen.

Das Modul besteht aus insgesamt vier supraleitenden Hochfrequenzkavitäten und zwei ebenfalls supraleitenden Hochfeld-Solenoid-Linsen. Für den Zusammenbau mussten die Beschleunigerkavitäten bei fast vollständiger Abwesenheit von störenden Partikeln zu einem kompletten sogenannte „Beschleuniger-String“ zusammengeführt werden. Dazu nutzten die Wissenschaftler*innen den hochreinen Reinraum der ISO-Klasse 4 des HIM (ähnlich zu Räumen, die für die Herstellung von Computerchips verwendet werden) und eine spezielle Fertigungsstraße für den Ein- und Ausschleusevorgang. Anschließend wurde dieser String zu einem kompletten Kryomodul zusammengesetzt.

Im Sommer 2023 wurde das knapp acht Tonnen schwere voll bestückte Modul mit einem Spezialtransporter von Mainz nach Darmstadt zu GSI/FAIR gebracht. Es folgten der Aufbau und die Integration des Kryomoduls und die Anbindung an die lokale Flüssig-Helium-Kryoversorgung. Nach erfolgreicher Kaltfahrprozedur konnten die einzelnen supraleitenden Beschleunigungskavitäten mit der neu errichteten Hochfrequenz-Leistungsversorgung in Betrieb gehen.

Im Dezember 2023 war es dann soweit: Nach fünfjähriger Entwicklungs-, Bau- und Inbetriebnahmezeit wurde im HELIAC-Kryomodul 1 erstmals Heliumstrahl vom GSI-Hochladungsinjektor auf eine Strahlenergie von ca. 6.2 Millionen Elektronvolt stabil und mit guter Transmission beschleunigt. Die zur Beschleunigung schwerer Ionen benötigten (bis zu dreifach höheren) Beschleunigungsgradienten stehen ebenfalls zur Verfügung und wurden kürzlich zur Beschleunigung von Argonstrahl auch bereits erfolgreich verwendet. Außerdem konnte gezeigt werden, dass es möglich ist, mit diesem Kryomodul die Strahlenergie über einen weiteren Bereich zu variieren, ohne dabei Teilchen zu verlieren. Dies ist ein erheblicher Vorteil des an der Universität Frankfurt entwickelten teilchendynamischen Konzepts, welches hier erstmals zur praktischen Anwendung kommt.

Der vorgeschlagene HELIAC, bei dem bis zu vier solcher Module Verwendung finden sollen, wird zukünftig Schwerionenstrahlen auf bis zu 10% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Die zur Teilchenbeschleunigung benötigte Energie wird durch den Einsatz der Supraleitung gegenüber konventionellen Beschleunigern um bis zu 90% reduziert. Die neuentwickelten Kryomodule tragen somit in erheblichem Umfang zur Energieeinsparung und damit zur CO2-Reduktion bei.

Nach Genehmigung, Finanzierungszusage und Implementierung des HELIAC-Projektes stehen die vollständig montierten und getesteten Module dann zukünftig den Wissenschaftler*innen zur Verfügung, um mit Dauerstrich-Schwerionenteilchenstrahl höchster Intensität u.a. kernphysikalische, kernchemische und materialwissenschaftliche Experimente durchzuführen.

Zu dem Erfolg haben insbesondere die Mitarbeitenden der GSI/FAIR-Abteilung Linearbeschleuniger und der Sektion ACID 1 des HIM, aber auch der weiteren beteiligten GSI/FAIR-Fachabteilungen, beigetragen.

Die hier beschriebene HELIAC-Prototypphase wird durch die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Europäische Union (Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung) finanziell unterstützt und gefördert. (CP)



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