Wo sich Protonen und Neutronen besonders mögen – GSI/FAIR-Forschende beteiligt an Experiment in Japan

05.06.2024

Einem internationalen Forschungsteam unter Beteiligung von Wissenschaftler*innen von GSI/FAIR ist es erstmals geglückt, in Experimenten an der Beschleunigeranlage RIKEN in Japan in angeregten Zuständen von Cadmium die Isospinabhängigkeit von effektiven Ladungen zu untersuchen. Die Ergebnisse der Messungen sind nun im Fachmagazin Physical Review Letters veröffentlicht.

Nackte Protonen und Neutronen haben Ladungen von +1 bzw. 0. In den meisten theoretischen Modellen des Atomkerns müssen jedoch stattdessen empirisch ermittelte effektive Nukleonenladungen verwendet werden, um elektromagnetische Übergangswahrscheinlichkeiten zu berechnen. Der Grund: Aufgrund von Berechnungsbeschränkungen kann oft nur eine begrenzte Anzahl von Teilchen berücksichtigt werden, anstatt für jedes von ihnen den Einfluss aller anderen Protonen und Neutronen im interessierenden Kern explizit zu behandeln.

Bereits vor fast fünfzig Jahren wurde vorhergesagt, dass diese effektiven Ladungen vom Isospin abhängen, das heißt, von der relativen Anzahl der Protonen und Neutronen im Kern. Die aktuelle Arbeit liefert den ersten eindeutigen Beweis für eine solche Abhängigkeit auf der Grundlage neuer experimenteller Daten für die beiden semi-magischen Cadmium-Kerne 98Cd und 130Cd. Diese Kerne umfassen die gesamte Hauptneutronenschale N = 50-82, die von N≈Z bis zur sehr neutronenreichen Seite der Nuklidkarte reicht, und weisen angeregte Zustände von außergewöhnlich reiner Struktur auf. Sie bieten daher das sauberste Labor, das experimentell für eine solche Untersuchung zugänglich ist.

Durchgeführt wurde das Experiment an der Radioactive Isotope Beam Factory (RIBF) des RIKEN Nishina Centers in Japan. Die neutronenreichen Cadmium-Kerne wurden durch Projektilspaltung von Uran-Kernen an einem Beryllium-Target produziert und durch den BigRIPS-Separator identifiziert. Die im Zerfall von isomeren Zuständen emittierte Gammastrahlung wurde im EURICA-Detektoraufbau nachgewiesen. EURICA bestand aus europäischen hochauflösenden Ge Detektoren, welche zu der Zeit an das RIBF verliehen waren und momentan während FAIR-Phase 0 in DESPEC-Experimenten benutzt werden.

Das Ergebnis des Experiments, nämlich die empirische Parametrisierung der Isospin-Abhängigkeit der effektiven Ladungen, wird die Zuverlässigkeit der theoretischen Vorhersagen für den schweren neutronenreichen Bereich der Nuklidkarte, für den es nur wenige experimentelle Informationen gibt, erheblich verbessern. (CP)

Weitere Informationen


Loading...